Du denkst, Daten sind objektiv? Zahlen lügen nicht? Dann wirst du überrascht sein, wie sehr unser Alltag von einem unsichtbaren Problem geprägt ist: dem Gender Data Gap. Diese Datenlücke zwischen den Geschlechtern beeinflusst täglich dein Leben - oft ohne, dass du es merkst.
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Beispiele für den Gender Data Gap
Closing the gap - Positive Entwicklungen
Was kannst du zur Schließung des Gender Data Gaps beitragen?
Was ist der Gender Data Gap eigentlich?
Der Gender Data Gap beschreibt die systematische Unterrepräsentation von Frauen und anderen Geschlechtern in Datensammlungen. Einfach gesagt: Viele Studien, Designs und Algorithmen basieren hauptsächlich auf männlichen Daten und Erfahrungen. Das Problem? Diese werden dann als "Standard" für alle Menschen verwendet.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache:
- 70% aller medizinischen Studien bis in die 1990er Jahre schlossen Frauen aus
- Crash-Test-Dummies sind standardmäßig auf männliche Körpermaße ausgelegt
- Künstliche Intelligenz wird überwiegend mit männlich geprägten Datensätzen trainiert
Alltägliche Beispiele, die dich betreffen
Smartphones und müde Finger
Kennst du das Gefühl, dass dein Smartphone zu groß für deine Hand ist? Das liegt nicht an dir. Die meisten Smartphones werden für die durchschnittliche Männerhand entwickelt [1]. Frauen haben im Schnitt 10-15% kleinere Hände – ein Faktor, der bei der Entwicklung oft übersehen wird.
Medizin: Wenn Herzinfarkt-Symptome übersehen werden
Hier wird es ernst: Frauen haben bei Herzinfarkten andere Symptome als Männer. Während Männer oft den klassischen Brustschmerz verspüren, leiden Frauen häufiger unter Übelkeit, Rückenschmerzen oder Atemnot [2]. Da die medizinische Forschung jahrzehntelang männerdominiert war, werden diese "untypischen" Symptome oft nicht erkannt. Resultat: Frauen haben eine 50% höhere Wahrscheinlichkeit, eine Fehldiagnose zu erhalten.
Arbeitsplatz: Wenn die Klimaanlage zu kalt ist
Das ist kein Klischee: Büro-Klimaanlagen sind oft auf den männlichen Stoffwechsel eingestellt [3]. Frauen haben aufgrund ihrer Körperzusammensetzung einen anderen Wärmehaushalt. Während Männer bei 20-22°C produktiv arbeiten, fühlen sich Frauen bei 24-25°C wohler. Das beeinflusst nicht nur das Wohlbefinden, sondern auch die Arbeitsleistung.
Technologie: Wenn Algorithmen Vorurteile verstärken
Spracherkennung mit Schwächen
Siri, Alexa und Google Assistant haben lange Zeit Frauenstimmen schlechter verstanden als Männerstimmen [4]. Warum? Die Trainingsdaten bestanden überwiegend aus männlichen Sprachmustern. Besonders bei höheren Stimmlagen – typisch für Frauen und Kinder – haperte es mit der Erkennung.
Bewerbungssoftware mit Bias
Ein bekanntes Beispiel: Amazons KI-Recruiting-Tool bevorzugte systematisch männliche Bewerber [5]. Das System lernte aus historischen Bewerberdaten – und reproduzierte damit bestehende Geschlechterungleichheiten. Begriffe wie "Frauenfußball" oder "Frauen-Coding-Club" wurden negativ gewichtet.
Warum passiert das?
Der Gender Data Gap entsteht nicht aus Böswilligkeit, sondern aus verschiedenen Faktoren:
Historische Gründe
Frauen waren lange Zeit von Forschung und Entwicklung ausgeschlossen. Die Annahme "Männer sind der Standard" hat sich über Jahrzehnte verfestigt.
Praktische Überlegungen
"Frauen sind komplizierter zu erforschen" wegen Hormonschwankungen, Schwangerschaften und anderen biologischen Faktoren – eine Argumentation, die das Problem verstärkt statt löst.
Unbewusste Verzerrungen
Wenn Entwicklungsteams überwiegend männlich sind, werden weibliche Perspektiven oft übersehen.
Positive Entwicklungen: Es tut sich was
Medizin wird geschlechtersensibler
Seit 1993 müssen klinische Studien in den USA beide Geschlechter einschließen. Die EU hat 2014 ähnliche Regelungen eingeführt [6]. Ergebnis: Wir verstehen geschlechtsspezifische Unterschiede bei Krankheiten und Medikamenten besser.
Tech-Branche wird aufmerksamer
Große Tech-Unternehmen investieren in diversere Datensätze und Teams. Apple führte 2014 eine Menstruations-App ein – nach jahrelanger Kritik, dass ihre Health-App alles trackte, nur nicht die Periode.
Neue Crash-Test-Standards
Der vollwertige weibliche Crash-Test-Dummy THOR-5F bildet weibliche Anatomie und Körperproportionen deutlich realistischer ab [7]. Dennoch wird er in den meisten verpflichtenden Crashtests bis heute kaum eingesetzt, wodurch Sicherheitsstandards weiterhin vor allem am männlichen Körper orientiert bleiben.
Was kannst du tun?
Als Verbraucher*in:
- Bewusst kaufen: Unterstütze Unternehmen, die Diversität in der Entwicklung berücksichtigen
- Feedback geben: Teile deine Erfahrungen mit Produkten und Services
- Informiert bleiben: Folge Organisationen, die sich für Geschlechtergerechtigkeit einsetzen
Als Berufstätige*r:
- Daten hinterfragen: Frage nach der Zusammensetzung von Studien und Datensätzen
- Diverse Teams fördern: Unterstütze gemischte Entwicklungsteams
Fazit: Daten sind nicht neutral
Der Gender Data Gap zeigt uns, dass vermeintlich objektive Daten alles andere als neutral sind. Sie spiegeln die Menschengruppe wider, die sie erstellt. Die gute Nachricht: Das Bewusstsein für dieses Problem wächst. Unternehmen, Forscherinnen und Politikerinnen erkennen zunehmend, wie wichtig geschlechtergerechte Datenerhebung ist.
Du bist Teil der Lösung: Indem du dieses Thema erkennst und ansprichst, hilfst du dabei, eine inklusivere Welt zu schaffen. Denn am Ende profitieren alle von besseren, repräsentativeren Daten – unabhängig vom Geschlecht.










