Wechseljahre

Expertin im Interview: Prof.Dr. Katja Lotz

Expertin im Interview: Prof.Dr. Katja Lotz

Gesund, schlank und voller Energie durch die Wechseljahre - klingt zu gut um wahr zu sein? Ist es aber nicht, denn mit einer angepassten personalisierten Ernährung kannst auch du deine Lebensqualität in dieser Phase des Lebens verbessern. Wie das klappen kann, erklärt in einem leicht verständlichen, wissenschaftflich fundierten Buch die Expertin Prof.Dr.Katja Lotz. Weil uns das Buch so gut gefallen hat (lies unsere Rezension hier nach), haben wir Frau Lotz um ein Gespräch gebeten - und wurden nicht enttäuscht. Mit Wertschätzung, wissenschaftlicher Präzision und praktischer Erfahrung beleuchtet Frau Lotz Kernthemen der Ernährung in den Wechseljahren: Energiebedarf, Bewegung, Stressreduktion. Frau Lotz erklärt, warum die Lebensmittelauswahl das A&O darstellt und wie so Genuss und Verwöhnen auch nicht zu kurz kommen. 

Prof.Dr. Katja Lotz (c) Esther Bauer

Best female Food - Interview mit Prof.Dr. Katja Lotz

Prof. Lotz und ich haben uns 40 Minuten angeregt unterhalten. Ich gebe ihre Antworten gekürzt wieder.

Liebe Frau Lotz, Sie sind Ökotrophologin und Professorin für BWL Food-Management sowie Studiengangs- und Forschungsleiterin für Personalisierte Ernährung. Sie gelten als Expertin in diesem Forschungsbereich. Besonders spannend ist, dass Sie als Diätassistentin gestartet sind und somit auch praktische Erfahrung in der Ernährungsberatung mitbringen. Dies wird in Ihrem Buch "Best female food" sehr deutlich, wo Sie fundiertes Ernährungs- und Hormonwissen mit vielen praktischen Tipps verbinden.

Frau Lotz, was versteht man eigentlich unter personalisierter Ernährung?

Personalisierte Ernährung ist ein Konzept, das den Menschen ganzheitlich betrachtet: die gesamte soziale und ökonomische Einbindung sowie das erlernte Verhalten aus soziologischer Sicht. Hinzu kommt die physiologische Betrachtungsweise – Nahrungsaufnahme, Verdauungsfähigkeit und Verstoffwechselung von Nährstoffen. Darüber hinaus berücksichtigen wir den aktuellen Körperzustand wie Knochendichte, Muskel- und Fettanteil, Blutzuckerspiegel und Fettstoffwechsel. Weitere individuelle Voraussetzungen sind das Genom und das Mikrobiom, das wiederum von der Nahrungszufuhr, der Umgebung und von Stressoren abhängig ist, sowie Körpergröße, Körpergewicht und Geschlecht. Es handelt sich also um eine ganzheitliche Betrachtung des Menschen aus physiologischer, biochemischer, genetischer und soziologischer Sicht.

Ihr Buch richtet sich an Frauen in den Wechseljahren. Wo ist der Zusammenhang zwischen Personalisierter Ernährung und dieser Lebensphase?

Der Bezug zur Menopause liegt darin, dass wir uns intensiv der Individualisierung der Ernährung von Frauen in dieser Lebensphase nähern: Die Frau aus wissenschaftlicher Sicht in ihrem eigenen Körper mit eigenen Körperfunktionen wahrnehmen. Mit der Verdauung, der abnehmenden Knochendichte, dem sinkenden Muskelanteil im zunehmenden Alter aufgrund der Hormonveränderungen und veränderten Bewegungsgewohnheiten. Dazu kommt der soziale Aspekt: in Familien eingebunden zu sein, die Kinder, die langsam das Haus verlassen, die Pflege der eigenen Eltern, berufliche Herausforderungen. Und natürlich der Hormonstatus: Diese hormonellen Veränderungen verlaufen nicht kontinuierlich, sondern wellenförmig. Das bietet eine große Chance für die personalisierte Ernährung, da wir uns mit einer Gruppe von Menschen beschäftigen, die sich in einer ähnlichen Lage befinden, diese jedoch unterschiedlich wahrnehmen.

Was würden Sie Frauen in den Wechseljahren für den Einstieg in die personalisierte Ernährung empfehlen? Haben Sie einen praktischen Tipp, der einfach umsetzbar ist?

Mein wichtigster Tipp ist, sich erstens zu überlegen: "Wie viel bewege ich mich?" und zweitens: "Wie viel Energie benötige ich überhaupt?" Dabei muss frau sehr ehrlich zu sich sein. Bewege ich mich genug und wie hoch ist mein Energiebedarf? Das ist ein wichtiges Thema, denn wenn wir die Nährwertangaben von Fertigprodukten betrachten, steht dort oft ein durchschnittlicher Energiebedarf von 2000 Kilokalorien. Das stimmt ab einem bestimmten Alter für Frauen nicht mehr, vor allem wenn sie kleiner sind oder den ganzen Tag sitzen. Dann liegt der Energiebedarf eher zwischen 1600 und 1800 kcal. Es ist wichtig, sich damit auseinanderzusetzen, denn wenn ich mein Leben lang dasselbe esse, werde ich zunehmen, weil der Energieumsatz sinkt. Je älter ich werde, benötige ich schlicht weniger Energiezufuhr, da der natürliche Alterungsprozess einsetzt. Ab dem 30. Lebensjahr verlangsamt sich spätestens die Zellteilung, was zur Folge hat, dass auch der Energieumsatz sinkt. Wir müssen uns auch damit auseinandersetzen, dass bestimmte Lebensmittel als Luxusgut gelten sollten. Ein Eis oder die Pizza am Abend sind Luxusgüter – so sollten wir sie betrachten, auch wenn sie ökonomisch vielleicht keinen Luxus darstellen. Für den eigenen Körper sind sie jedoch Luxus.

Ja, ich verstehe. Man kann sich auch ein schönes Genusserlebnis daraus machen.

Genau das ist der Kern meines Buches. Ich möchte, dass Frauen sich dessen bewusst werden: Essen ist Genuss, nicht nur Ernährung. Das Wichtigste ist, sich damit auseinanderzusetzen. Wenn ich trotzdem gerne bestimmte Lebensmittelgruppen essen möchte, wie abends eine Pizza, dann ist es wichtig, am nächsten Tag etwas auszugleichen und sich mit energieärmeren Lebensmitteln zu beschäftigen. Man sollte sich intensiv damit auseinandersetzen, welche Lebensmittelgruppen besonders energiereich sind. Ich sage nie, dass Lebensmittel schlecht oder ungesund sind – das sind Begriffe, die ich nicht verwende. Jedes Lebensmittel hat bestimmte Eigenschaften. Es kann zu einem bestimmten Zeitpunkt genau richtig sein, sich abends eine schöne Pizza mit einem Glas Rotwein zu gönnen – was ich aus ernährungswissenschaftlicher Sicht nicht empfehle. Alkohol ist grundsätzlich nicht gesundheitsfördernd und zu viele Kohlenhydrate am Abend auch nicht. Aber man sollte deshalb kein schlechtes Gewissen haben, sondern in den folgenden Tagen ausgleichend handeln. Das ist der Ansatz, mit dem ich schon immer arbeite.

 

Best Female Food auf einen Blick (c) Ela Strickert

Sie empfehlen auch Meal-Prep in Ihrem Buch. Wir sind selbst große Fans von Meal-Prep und haben uns in unserem Buch, das im September erscheint, ganz auf Meal-Prep-Rezepte fokussiert. Dennoch hört man immer wieder Kritik bezüglich des Aufwärmens von Speisen, der Verwendung der Mikrowelle oder möglicher Nährstoffverluste. Was sind Ihre Gedanken dazu?

Hier müssen wir schlicht abwägen. Wir würden uns alle wünschen, jeden Tag frisch zu kochen, frisch einzukaufen und das Gemüse am liebsten aus dem eigenen Garten auf den Teller zu bringen. Mit dieser Sozialromantik möchte ich gerne aufräumen. Es gibt Menschen, die das Privileg haben, sich so ernähren zu können und einen solchen Lebensstil zu pflegen. Aber dieses Privileg haben heute die wenigsten. Aus wissenschaftlicher Sicht ist es richtig, dass wir möglichst viele frische Lebensmittel verzehren sollten. Der Verlust durch Lagerung, Einfrieren und Wiederaufwärmen ist vorhanden, ja. Wir möchten jedoch bestimmte Menüs auf dem Tisch haben, und vorbereitete Mahlzeiten helfen, den Alltag zu entstressen. Stress ist ein sehr schlechter Begleiter, gerade während der Menopause. Durch die hormonellen Veränderungen kann es auch zu depressiven Verstimmungen und Antriebslosigkeit kommen. Sich dann auch noch täglich mit der Zubereitung frischer Menüs zu beschäftigen – das ist sehr schwierig. Meal-Prep ist daher ein wesentlicher Baustein im Management dieser Lebensphase. Man muss dabei in Kauf nehmen, dass sich Nährwerte verändern. Für mich ist es die beste Alternative, sich mit dem eigenen Essen zu beschäftigen und Herrin des eigenen Essens zu sein – dann weiß ich auch, was enthalten ist.

Sie haben den Einfluss von Stress auf die Ernährung und die Wechseljahre angesprochen. In Ihrem Buch schlagen Sie ein Konzept für den Familientisch vor. Das hat mir sehr gut gefallen, denn ich glaube, dass sich viele Frauen hier oft nicht gesehen fühlen und sich fragen, wie sie das alles unterbringen sollen, wenn sie auch andere Familienmitglieder versorgen müssen. Können Sie das Konzept erklären?

Grundsätzlich kann man alle Rezepte im Buch für die ganze Familie kochen – sie sind nicht nur für Frauen geeignet. Diese Rezepte lassen sich ganz einfach an die Bedürfnisse der anderen Familienmitglieder anpassen. Bei Heranwachsenden, Jugendlichen, sehr sportlichen Kindern oder Partnern, die größer sind, würde man den Eiweiß- und Kohlenhydratanteil erhöhen und energiereichere Lebensmittel hinzufügen, beispielsweise Nüsse, Saaten oder Fisch. Im Grunde geht es um die Mengen der Lebensmittelgruppen und das Bewusstsein dafür, dass der Energiebedarf in verschiedenen Lebensphasen und zwischen den einzelnen Familienmitgliedern unterschiedlich ist. Dafür muss man nicht anfangen, Portionen abzuwiegen – besser ist es, für sich zu erfahren, wie viel benötigt wird, und für die anderen Familienmitglieder individuell die Mengen anzupassen.

Niemand muss für sich eine eigene Mahlzeit kochen, richtig? Es geht um die Anpassung der Mengen?

Genau, es geht um die Anpassung der Mengen. In der Familie hat auch nicht jeder Lust, dasselbe zu essen. Schauen wir in Richtung orientalische oder israelische Küche: Dort werden verschiedene Speisen auf den Tisch gestellt, und dann bedient sich jeder und legt sich das in der Menge auf den Teller, was er benötigt. Das ist das Wichtigste: Frauen sollten sich damit beschäftigen, welche Menge für sie richtig ist.

 

Ricottacreme mit Pfirsichen (c) StockFood Studios / Meike Bergmann

Frau Lotz, einige Ihrer oder auch unserer Leserinnen sind vielleicht bereits mitten in den Wechseljahren. Ist es dann zu spät, mit der Ernährungsumstellung anzufangen?

Nein, es ist nie zu spät. Ich denke, in jeder Lebensphase ist es die richtige Entscheidung, sich intensiv damit zu beschäftigen, welche Lebensmittel einem gut tun, und zu verstehen, dass Essen keine Sünde ist. Man kann durchaus z.B. Schokolade essen – man sollte nur lernen, sie zu genießen und auf die Menge zu achten.

In Ihrem Buch geht es um die Wechseljahre. Wie geht es danach weiter? Funktioniert Ihr Ansatz auch in der Postmenopause oder müssen sich Frauen dann neu orientieren?

In der Postmenopause funktioniert das sehr gut. Wenn wir uns den Eiweißbedarf anschauen, der ab 60 steigt, und das damit verbundene Risiko, noch mehr Muskelmasse zu verlieren, oder Calciummasse im Knochen zu verlieren, dann ist es gerade in der Postmenopause wichtig, intensiv auf die Lebensmittelauswahl zu achten, sich weiterhin gut zu bewegen und das Energiemanagement im Blick zu behalten. Auch ab 60 sinkt der Energiebedarf weiter, aber wir können das durch ausreichende Bewegung ausgleichen. Durch Bewegung wird nicht nur der Muskelanteil erhöht, sondern auch die Merk- und Denkfähigkeit sowie die Reaktionsfähigkeit verbessert.

Beschäftigen Sie sich daher gerade als Frau mit dem Essen! Das hat nichts mit Orthorexie zu tun, also mit einer übertriebenen Beschäftigung mit dem Essen, sondern damit zu lernen, was mir gut tut. Das ist eine wichtige Erfahrung – Frauen lernen, sich neu in ihrem Körper wahrzunehmen.

Es gibt bereits eine Lebensphase bei Frauen, in der sie sich intensiv mit Ernährung auseinandersetzen, nämlich nach der Geburt eines Kindes, wenn es um die Ernährung von Kindern geht. Das verschwindet dann nur leider wieder, wenn es um die eigene Ernährung geht.

Zumal es gesellschaftlich auch nicht unbedingt positiv besetzt ist, wenn Frauen sich mit ihrer Ernährung auseinandersetzen...

Ja, sich immer rechtfertigen zu müssen, warum man sich so ernähren möchte, dass man gesund bleibt und sich in seinem Körper wohlfühlt... Es ist auch völlig in Ordnung, wenn ich mich als Frau mit – aus gesellschaftlicher Sicht – zwei, drei Kilo mehr auf den Rippen wohler in meiner Haut fühle. Dann ist es mein gutes Recht, mich weiterhin so zu ernähren, wenn mir die Lebensmittelauswahl gut tut. Wichtig ist das Bewusstsein: So ist es in der Menopause – der Fettansatz verschiebt sich in Richtung Bauch. Damit muss man umgehen lernen. Dann trägt man halt eine andere Hosenform.

Sie haben bereits mehrfach erwähnt, dass es auf die Lebensmittelgruppen und die Lebensmittelauswahl ankommt. Was sind Ihre drei wichtigsten Lebensmittelempfehlungen für die Wechseljahre?

Das ist eine schöne Frage, die ich nicht direkt beantworten werde. Für jede Frau ist die Lebensmittelauswahl völlig individuell. Meine Empfehlung ist, sich mit einer sehr hohen Zufuhr an pflanzlichen Produkten zu beschäftigen: eine große Gemüseauswahl und verschiedene Vollkorngetreideprodukte. Außerdem hochwertiges Eiweiß: kleinere Portionen von Fisch wie Lachs oder bestimmten Seefischen. Bei Fleischarten sollte man auf die fettärmeren achten, zum Beispiel Hähnchen oder Pute.

Das bedeutet, sich mit den Lebensmittelgruppen auseinanderzusetzen und dann die eigenen Favoriten aus diesen Gruppen herauszufinden. Durch abwechslungsreiche Ernährung, einen bunten Teller und bunte, frische Rezepte, wie in Ihrem Buch.

Unbedingt: Beschäftigen Sie sich mit Ihrer Ernährung und finden Sie die Wertschätzung für den eigenen Körper wieder. Ich glaube, viele Frauen haben in dieser Lebensphase eine gewisse Distanz zu ihrem Körper entwickelt, weil sie nicht fassen können, dass er sich so verändert. Stressen Sie sich deshalb nicht. Berücksichtigen Sie Ihren Energiebedarf – das hat wissenschaftliche Evidenz.

Und im Zweifel kann man sich dabei Hilfe holen. Vielen Dank für das Gespräch!

 

"Best female food" Gut versorgt ab 40 - Das individuelle Ernährungsprogramm für Frauen von Prof. Dr. Katja Lotz ist im Juli 2025 beim GU Verlag erschienen.

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