Gesundheit

Das vaginale Mikrobiom: Dein unsichtbarer Schutzschild für die Intimgesundheit

Das vaginale Mikrobiom: Dein unsichtbarer Schutzschild für die Intimgesundheit

Deine Vagina ist ein faszinierendes Ökosystem mit einem hochspezialisierten Mikrobiom. Während andere Körperregionen von einer Vielzahl verschiedener Bakterien besiedelt sind, ist das vaginale Mikrobiom deutlich selektiver. In der Vagina einer gesunden prämenopausalen Frau wurden bisher 581 verschiedene Bakterienarten [1] identifiziert, doch nur wenige dürfen dort dauerhaft leben.

 

Inhalt:

Die fünf Community State Types (CST)

Die Lactobacillen: Deine mikrobiellen Bodyguards

pH-Wert und Milchsäureproduktion: Das saure Geheimnis deiner Vaginalgesundheit

Natürliche Schwankungen im Menstruationszyklus: Warum dein Mikrobiom sich verändert

Was das Gleichgewicht stört: Die häufigsten Störfaktoren

Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse: Was die Forschung zeigt

Praktische Tipps für ein gesundes vaginales Mikrobiom

 

Was ist das vaginale Mikrobiom? Die Grundlagen deiner Intimgesundheit

Das vaginale Mikrobiom ist ein einzigartiges System mit einer klaren Mission: den pH-Wert im richtigen Bereich zu halten und krankmachende Erreger abzuwehren. Im Durchschnitt bildet die Vagina 1-4 ml Vaginalsekret, das 10^6 - 10^8 Bakterienzellen pro ml enthält [2]– ein beeindruckendes Schutzteam.

Die fünf Community State Types (CST)

Die Wissenschaft hat das vaginale Mikrobiom in fünf verschiedene Zusammensetzungen, die sogenannten Community State Types (CST), eingeteilt:

  • CST I-III und V: Werden von den Milchsäurebakterien L. crispatus, L. gasseri, L. iners und L. jensenii dominiert
  • CST IV: Setzt sich aus diversen anderen anaeroben Bakterien zusammen

Interessant ist, dass die Zusammensetzung deines vaginalen Mikrobioms auch genetisch bedingt ist und ethnische Unterschiede aufweist. Bei Frauen afrikanischer und lateinamerikanischer Abstammung wurden häufiger niedrigere Konzentrationen von Lactobacillus-Arten festgestellt als bei Frauen europäischer und asiatischer Herkunft [3].

Die Lactobacillen: Deine mikrobiellen Bodyguards

Die wichtigsten Lactobacillus-Arten in deiner Vagina

Die Hauptakteure in deinem vaginalen Mikrobiom sind die Lactobacillen (auch Milchsäurebakterien oder Döderlein-Bakterien genannt). Von über 261 bekannten Lactobacillus-Arten kommen mehr als 30 in der Vagina vor. Die wichtigsten sind:

  • Lactobacillus crispatus
  • Lactobacillus gasseri
  • Lactobacillus jensenii
  • Lactobacillus iners

Wie Lactobacillen dich schützen

Diese grampositiven Stäbchenbakterien sind wahre Multitalente. Sie produzieren nicht nur Milchsäure, sondern auch:

  • Wasserstoffperoxid (H₂O₂): Ein natürliches Antiseptikum
  • Bakteriozine: Antibakterielle Substanzen gegen Krankheitserreger
  • Biosurfactants: Oberflächenaktive Stoffe, die Pathogene abwehren
  • Biofilme: Schutzschichten gegen schädliche Mikroorganismen

Die Lactobacillen stehen außerdem im direkten Dialog mit deinem Immunsystem. Sie kommunizieren mit Immunzellen wie Langerhans-Zellen und dendritischen Zellen im Vaginalepithel und unterstützen so deine natürlichen Abwehrkräfte.

pH-Wert und Milchsäureproduktion: Das saure Geheimnis deiner Vaginalgesundheit

Der optimale pH-Bereich

Ein gesundes vaginales Mikrobiom hält den pH-Wert zwischen 3,8 und 4,4 [4] – also im deutlich sauren Bereich.

Dieser saure pH-Wert ist dein natürlicher Schutzschild. Die meisten krankmachenden Bakterien, Pilze und Viren können in diesem sauren Milieu nicht überleben oder sich vermehren [5].

Wie entsteht die schützende Milchsäure?

Der Prozess ist faszinierend einfach: Die weiblichen Sexualhormone (Östrogene) sorgen für die Verfügbarkeit von Glykogen (einem speziellen Vielfachzucker) in der Vaginalschleimhaut. Die Lactobacillen nutzen die durch körpereigene Enzyme umgewandelten Bausteine des Glykogens als Nahrung und wandeln diese in Milchsäure um – so entsteht das schützende saure Milieu.

Wenn der pH-Wert aus dem Gleichgewicht gerät

Liegt der pH-Wert über 4,5, kann das ein Hinweis auf eine gestörte Vaginalflora sein. Schädliche Bakterien wie Gardnerella vaginalis (Haupterreger der bakteriellen Vaginose) können sich dann ungehindert ausbreiten und die schützenden Lactobacillen verdrängen.

Natürliche Schwankungen im Menstruationszyklus: Warum dein Mikrobiom sich verändert

Dein vaginales Mikrobiom ist kein statisches System – es unterliegt natürlichen Schwankungen, die völlig normal sind.

Hormonell bedingte Veränderungen

Die Anzahl der Milchsäurebakterien ist abhängig vom weiblichen Sexualhormon Östrogen und schwankt daher mit dem Zyklus. Die Konzentration des Hormons und damit auch die Anzahl der Bakterien sind:

  • Während und kurz nach der Menstruation geringer
  • In der Zyklusmitte meist am höchsten
  • Vor der Menstruation wieder abnehmend

Warum die Menstruation das Mikrobiom beeinflusst

Menstruationsblut hat einen alkalischen pH-Wert von 7,4 und kann vorübergehend das saure Milieu in der Scheide beeinträchtigen. Dies erklärt, warum viele Frauen besonders während oder nach der Periode anfälliger für Infektionen sind.

Auch Sperma kann den vaginalen pH-Wert aus der Balance bringen, da es einen alkalischen pH-Wert von 7,2 bis 8 hat – notwendig für die Beweglichkeit der Spermien.

Lebensphasen und ihre Auswirkungen

  • Pubertät: Das vaginale Mikrobiom entwickelt sich erst ab der Pubertät zu einem von Lactobacillus dominierten Milieu
  • Schwangerschaft: Die Diversität der Mikroorganismen nimmt ab, Lactobacillen bleiben meist vorherrschend
  • Wechseljahre: Der sinkende Östrogenspiegel führt zu weniger Lactobacillen und einem höheren pH-Wert

Was das Gleichgewicht stört: Die häufigsten Störfaktoren

Medikamente und externe Einflüsse

Antibiotika gehören zu den häufigsten Störfaktoren. Sie töten nicht nur krankmachende Bakterien ab, sondern auch die nützlichen Lactobacillen. Daher wird bei bakteriellen Infektionen oft empfohlen, zusätzlich Probiotika einzusetzen, um das Ungleichgewicht zu korrigieren.

Falsche Intimhygiene

Übertriebene Intimhygiene kann paradoxerweise schaden. Duschgels mit dem falschen pH-Wert, Scheidenspülungen oder parfümierte Produkte können das empfindliche Gleichgewicht stören.

Andere Faktoren

  • Stress und schwaches Immunsystem
  • Verschiedene Sexpraktiken, beispielsweise Analverkehr
  • Rauchen
  • Enge, nicht atmungsaktive Kleidung

Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse: Was die Forschung zeigt

Globale Diversität des vaginalen Mikrobioms

Eine aktuelle globale Studie aus 2025 bestätigte, dass sich vaginale Mikrobiome zwischen verschiedenen Populationen erheblich unterscheiden. Besonders Lactobacillus crispatus wurde als Schlüsselbakterium für ein gesundes vaginales Mikrobiom identifiziert – wobei nicht alle Stämme die gleichen Vorteile bieten [6].

Verbindung zur Fruchtbarkeit

Die gynäkologische Medizin fokussiert derzeit auf den Einfluss des vaginalen Mikrobioms auf die Fruchtbarkeit und die Erfolgsquote von In-vitro-Fertilisationen (IVF). Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen vaginaler Dysbiose und Unfruchtbarkeit.

Neue Therapieansätze

Neue Studien zeigen, dass durch die orale Anwendung von Probiotika die Zusammensetzung der Scheidenflora verbessert werden kann. Die Bakterien wandern über den Darm in die Vagina ein und bilden dort ein Depot für die permanente Besiedelung.

Fun Fact: Einzigartige Rolle beim Menschen

Faszinierend ist, dass nur die Vagina von Homo sapiens diese Lactobacillus-Dominanz aufweist – im Gegensatz zu anderen Menschenaffen [7]. Dies unterstreicht die evolutionäre Bedeutung dieses Schutzmechanismus.

Praktische Tipps für ein gesundes vaginales Mikrobiom

Do's

  • pH-angepasste Intimreinigung verwenden (pH 3,8-4,5), noch besser: nur Wasser
  • Atmungsaktive Baumwollunterwäsche tragen
  • Probiotika nach Antibiotikaeinnahme
  • Kondome beim Geschlechtsverkehr verwenden
  • Tampons und Binden regelmäßig wechseln

Don'ts

  • Keine Scheidenspülungen oder Douching
  • Keine parfümierten Intimprodukte
  • Keine Tampons über Nacht
  • Keine übertriebene Intimhygiene

Fazit: Dein Mikrobiom als Partner für lebenslange Intimgesundheit

Das vaginale Mikrobiom ist ein faszinierendes und hochspezialisiertes Ökosystem, das einen wichtigen Beitrag zu deiner Gesundheit leistet. Die dominierenden Lactobacillen fungieren als natürliche Bodyguards, die durch die Produktion von Milchsäure ein saures Milieu schaffen, in dem Krankheitserreger keine Chance haben.

Das Verständnis für die natürlichen Schwankungen im Menstruationszyklus und die Faktoren, die das Gleichgewicht stören können, hilft dir dabei, bewusste Entscheidungen für deine Intimgesundheit zu treffen.

Die aktuelle Forschung zeigt, dass wir noch viel über die Komplexität des vaginalen Mikrobioms lernen werden. Klar ist jedoch bereits heute: Ein gesundes vaginales Mikrobiom ist die Basis für eine starke Intimgesundheit – und du kannst aktiv dazu beitragen, es zu erhalten.


Dieser Artikel dient der Information und ersetzt nicht den Besuch bei deiner Frauenärztin oder deinem Frauenarzt. Bei Beschwerden wende dich bitte an medizinisches Fachpersonal.

fenou balance yams mönchspfeffer
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Östrogen-Progesteron-Gleichgewicht

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