Hormonelle Verhütung ist out! Das zumindest lässt die aktuelle Erhebung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) vermuten. Denn diese ergab, dass immer mehr Menschen und insbesondere Frauen (Anmerkung der Autorin: In den Ergebnissen der Studie wird die binäre Geschlechterdefinition verwendet. Wir können daher die Ergebnisse nicht gendern, da uns keine Details zum Gender vorliegen) eine generelle Ablehnung gegenüber hormonellen Verhütungsmethoden haben: waren es 2011 nur 1%, so sind es in 2023 schon 15%. Neben diesen Personen glauben mehr als die Hälfte der befragten Personen (Männer und Frauen) , dass sich hormonelle Verhütung negativ auf die Gesundheit von Körper und Seele auswirkt. Und gerade gesundheitliche Aspekte und der Wunsch nach einer sicheren, verträglichen Verhütung führen dazu, dass erstmals das Kondom häufiger angewendet wird als die Pille.
Insgesamt verwenden 91 % der Befragten die Pille und/oder Kondome. Neben dem Kondom stehen aber noch eine Vielzahl von anderen Methoden zur hormonfreien Verhütung zur Verfügung. Ihnen allen ist der Vorteil gemein, dass sie keine synthetischen Hormone enthalten und so nicht in den natürlichen Zyklus eingreifen. Dennoch unterscheiden sie sich stark in ihren Vor-und Nachteilen und sind nicht alle empfehlenswert. Da wir euch gern beim Absetzen hormoneller Verhütungsmethoden unterstützen, aber unbedingt Wert darauf legen, dass ihr diese Entscheidung gut informiert trefft, findet ihr nachfolgend Kurzporträts der gängigsten Methoden zur hormonfreien Verhütung. Für weitere Informationen legen wir euch die detaillierten Artikel in unserem Magazin, die unter Referenzen aufgeführten Informationsportale und natürlich eure gynäkologische Fachpraxis ans Herz.
Mechanische Verhütungsmittel
Die bekanntesten Methoden der hormonfreien Verhütung sind wohl die mechanischen Verhütungsmittel, die verhindern, dass Spermien in die Vagina oder zur Eizelle gelangen können. Sie werden auch Barrieremethoden genannt. Sie zählen laut Pearl-Index zu den eher sicheren Verhütungsmethoden. Im folgenden stellen wir euch Kondom, Femidom, Diaphragma, Portiokappe, Kupferspirale und Kupferkette kurz mit ihrer Funktionsweise sowie Vor- und Nachteilen vor.
Kondom
Das Kondom ist die einzige Verhütungsmethode für den Penis. Es handelt sich um eine schlauchartige, hauchdünne und reißfeste Latexhaut, die über den erigierten Penis gezogen wird. Am verschlossenen Ende wird das Sperma aufgefangen und gelangt somit nicht in die Vagina. Es sind auch latexfreie Kondome erhältlich.
Pearl-Index** von Kondomen:
Vorteil von Kondomen |
Nachteil von Kondomen |
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kann das Empfinden beim Geschlechtsverkehr verändern
kann während des Verkehrs unbemerkt reissen
nicht wiederverwendbar
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Femidom
Das Femidom ist das Pendant zum Kondom für die Frau. Es ist optisch ähnlich: ein hauchdünner Kunststoffschlauch, der an einem Ende geschlossen ist. Im Gegensatz zum Kondom hat das Femidom an beiden Enden Kunststoffringe. Der kleinere RIng wird in die Vagina eingeführt und deckt den Muttermund ab, der größere RIng verhindert am Scheideneingang, dass das Femidom in die Vagina rutscht. Das Femidom wird vor dem Geschlechtsverkehr in die Vagina eingeführt. Die Verwendung mit Gleitmittel ist empfehlenswert.
Pearl-Index** des Femidom:
5-25
Vorteil des Femidom |
Nachteil des Femidom |
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Diaphragma
Das Diaphragma ist ein kleines Schälchen aus einem flexiblen Ring und einer weichen Silikonhaut. Es wird vor dem Geschlechtsverkehr vor den Muttermund gelegt und soll diesen so vor Spermien verschließen. Gemeinsam mit dem Diaphragma wird ein Spermizid angewendet, das den pH-Wert in der Vagina so verändert, dass sich die Spermien nicht mehr fortbewegen können.
Pearl-Index** des Diaphragmas:
1 - 20
Vorteil des Diaphragma |
Nachteil des Diaphragma |
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Portiokappe
Die Portiokappe oder Verhütungskappe funktioniert wie das Diaphragma, ist aber etwas härter und sitzt fester über dem Muttermund. Sie soll über den Muttermund gestülpt werden und sich dort festsaugen. Die Sicherheit wird erhöht, wenn die Portiokappe zusammen mit einem Spermizid verwendet wird.
Pearl-Index** der Portiokappe:
6
Vorteil der Portiokappe |
Nachteil der Portiokappe |
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Kupferspirale
Die Kupferspirale ist ein mit Kupferdraht umwickeltes Kunststoffstäbchen in T-Form, das in die Gebärmutter eingesetzt wird. Durch die Abgabe von Kupferionen verändert es die Zusammensetzung von Gebärmutterschleimhaut und Zervixschleim so, dass Spermien diese nicht durchwandern können oder eine potentiell befruchtete Eizelle sich nicht einnisten kann.
Pearl-Index** der Kupferspirale:
0,3 - 0,8
Vorteil der Kupferspirale |
Nachteil der Kupferspirale |
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Ähnlich der Kupferspirale ist der Kupferball, für welchen es jedoch noch nicht so viele Daten bezüglich Wirksamkeit, Sicherheit und Nebenwirkungen gibt.
Kupferkette
Die Kupferkette gleicht in ihrer Wirkung der Kupferspirale. Sie besteht aus kleinen Kupferzylindern, die auf einem Nylonfaden aufgefädelt sind und Kupferionen abgeben. Im Gegensatz zur Spirale ist die Kupferkette in der Gebärmuttermuskulatur festgeknotet.
Pearl-Index** der Kupferkette:
0,1 - 0,5
Vorteil der Kupferkette: |
Nachteil der Kupferkette: |
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Chemische Verhütungsmittel
Zu den chemischen Verhütungsmitteln werden Cremes, Zäpfchen, Gels oder Schaumprodukte zur vaginalen Anwendung gezählt. Sie enthalten Spermizide, also spermientötende Substanzen. Da sie laut Pearl-Index nur eine geringe Sicherheit bieten, sollten sie immer mit mechanischen Verhütungsmethoden angewendet werden. Sie können so bei richtiger Kombination die Sicherheit dieser Verhütungsmittel erhöhen.
Pearl-Index** chemischer Verhütungsmittel:
3 - 21
Vorteil von chemischen Verhütungsmitteln |
Nachteil von chemischen Verhütungsmitteln |
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Symptothermale Methode
Bei der symptothermalen Methode wird die Fruchtbarkeit der Frau* anhand verschiedener Merkmale beurteilt. Täglich wird vor dem Aufstehen die basale Körpertemperatur gemessen und dokumentiert. Außerdem werden die Beschaffenheit des Zervixschleims und Veränderungen am Muttermund beobachtet. Hierfür gibt es verschiedene Kriterien, die Aufschluss über den Zeitpunkt im Zyklus geben. Die symptothermale Methode bietet bei richtiger Anwendung eine hohe Sicherheit. Sie wird deshalb vor allem im Rahmen der natürlichen Familienplanung genutzt, um fruchtbare Tage zu identifizieren. Als Verhütungsmittel setzt sie voraus, dass an potentiell fruchtbaren Tagen anderweitig verhütet wird und zyklusbeeinflussende Umstände wie Krankheit, Schichtdienst, Zeitverschiebung, Stress etc. berücksichtigt werden.
Pearl-Index** der symptothermalen Methode:
0,4-1,8
Temperaturmessung allein 0,8 - 3
Vorteil der symptothermalen Methode: |
Vorteil der symptothermalen Methode: |
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Kalendermethode
Bei der Kalendermethode wird anhand eines Modell-Zyklus von 28 Tagen und dem ersten Tag der letzten Periode der ungefähre Zeitpunkt im Zyklus geschätzt. Dementsprechend unsicher ist diese Methode, da die wenigsten Frauen* einen Zyklus von 28 Tagen oder generell keinen regelmäßigen Zyklus haben. Die Lage der fruchtbaren Tage ist so kaum vorherzusagen.
Pearl-Index** der Kalendermethode:
3-9
Vorteil der Kalendermethode |
Nachteil der Kalendermethode |
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Sterilisation
Wenn es ganz sicher ist, dass eine Person auch in Zukunft weder Kinder zeugen noch empfangen möchte, kann Sterilisation eine Option zur herkömmlichen Verhütung sein. Beim Mann* werden hier die Samenleiter durchtrennt (Vasektomie). Die Samenflüssigkeit enthält nun keine Spermien mehr. Bei der Frau* werden die Eileiter durchtrennt oder verschlossen (Tubenligatur). Es können nun keine Eizellen mehr in die Gebärmutter oder Spermien in die Eileiter wandern.
Pearl-Index** der Sterilisation:
Tubenligatur 0,2-0,3
Vasektomie 0,1
Vorteil der Sterilisation |
Nachteil der Sterilisation |
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Die Qual der Wahl
Keine Verhütungsmethode, auch nicht die hormonellen, sind zu 100% sicher. Informiere dich vor der Wahl deiner Verhütungsmethode vollumfänglich und lasse dich auch ärztlich beraten. Die Wahl eines Verhütungsmittels ist eine individuelle Entscheidung und abhängig von Lebensumständen wie Kinderwunsch, Partnerschaftsverhältnis, Arbeitszeiten, Reiseverhalten und natürlich deiner Gesundheit und eventuellen gesundheitlichen Einschränkungen. Nicht jede Verhütungsmethode passt für jede Situation oder jede Person.
Mit der Wahl einer hormonfreien Verhütung gehst du einen Schritt hin zu einem gesunden, natürlichen Zyklus und verzichtest auf die Nebenwirkungen, die synthetische Hormone mit sich bringen können. Dennoch kann die Wahl einer hormonellen Verhütung in deiner Lebenssituation auch richtig oder notwendig sein. Letztendlich musst nur du dich mit der von dir gewählten Verhütungsmethode wohl und sicher fühlen. Lass dich dabei nicht zu einer Methode zwingen oder überreden, die sich für dich nicht wohl anfühlt - weder von Partner*in noch von Ärzt*in!
**Was ist der Pearl-Index?
Der Pearl-Index ist eine Maßeinheit, die angibt, wie viele Frauen trotz Anwendung einer bestimmten Verhütungsmethode innerhalb eines Jahres schwanger werden. Hinter dieser Definition versteckt sich kurz gesagt die Zuverlässigkeit einer Verhütungsmethode. Je niedriger der Pearl-Index, desto sicherer ist die Verhütungsmethode. Bei ungeschütztem, regelmäßigen Geschlechtsverkehr beträgt der Pearl-Index 92-82 je nach Alter der geschlechtsreifen Frau.
Der Pearl-Index geht von einer korrekten Anwendung der Verhütungsmethode aus, Anwendungsfehler schmälern die Sicherheit der Verhütungsmethode also zusätzlich.