- Autorin: Melanie Dell’Oro
Plötzlich ist er da… der Juckreiz, der fischige Geruch oder gar die Rötungen. Ist nur die Vaginalflora aus dem Gleichgewicht oder könnte es sogar eine Pilzinfektion sein? Alles wichtige zur Vaginal- und Scheidenflora findest du in diesem Beitrag. Spoiler: Tampons mit Joghurt sind vielleicht nicht die beste Lösung…
Was ist denn überhaupt diese Vaginalflora?
Die Vaginal- oder Scheidenflora ist eine Lebensgemeinschaft aus ungefähr 50 verschiedenen Bakterienspezies. Hierzu zählen sämtliche Bakterienarten, die auch auf den anderen Körperoberflächen, Schleimhäuten oder Körperhöhlen vorkommen. Am häufigsten sind die Laktobazillen, besser bekannt als Milchsäurebakterien oder Döderleinflora, vertreten. Diese sind für das saure Milieu mit einem pH-Wert von 3,5 - 4,5 verantwortlich, da sie Glykogen in Milchsäure umwandeln. Das Glykogen wird unter Östrogeneinfluss von den Schleimhautzellen der Vagina ausgeschieden (Merke: eine gesunde Scheidenflora hängt auch mit einem gesunden Hormongleichgewicht zusammen! Zu einem ausgeglichenen Östrogenhaushalt kann dir unser Produkt Estro verhelfen).
Die Gesamtheit der Bakterienspezies wirkt wie eine Festungsanlage. Sie schützt deine Vagina vor von außen eindringenden Invasoren wie Bakterien, Pilzen und Viren. Hier hilft das für viele Bakterien unfreundlich saure Milieu. Einige der Bakterien bilden aber zum Beispiel auch Wasserstoffperoxid, welches u.a. auch Viren schädigt.Bakterielle Vaginose - Ärger im Paradies
Leider kann es innerhalb dieser Festung auch zu Unruhen kommen. Die Scheidenflora hat keine feste Zusammensetzung, sondern verändert sich stetig. Und kann sich leider auch mal gegen dich wenden: bei einer potentiell schädlichen Zusammensetzung spricht man von einer bakteriellen Vaginose.
Die bakterielle Vaginose ist die häufigste Verschiebung der Vaginalflora und kommt bei ca. 10% der Menschen mit Vagina vor. Hierbei werden die guten Laktobazillen durch potentiell krankheitserregende Bakterien wie Gardnerella übertrumpft. Diese Veränderung macht sich in vielen Fällen gar nicht durch Symptome bemerkbar, birgt aber ein höheres Risiko für aufsteigende Infektionen. Dies kann problematisch werden beispielsweise nach OPs. Während der Schwangerschaft ist das Risiko für vorzeitigen Blasensprung, vorzeitige Wehentätigkeit, Frühgeburten oder sonstige Komplikationen erhöht. Auch die Abwehr von STI (Sexuell übertragbaren Krankheiten) ist geschwächt, das Ansteckungsrisiko erhöht.
Trete Symptome auf, machen diese sich als dünnflüssiger bis grau-cremiger, manchmal schaumiger Ausfluss bemerkbar. Es kann Juckreiz geben oder Brennen, bei etwa der Hälfte der Betroffenen auch ein fischiger Geruch im Intimbereich (...die arme Eva…). Der pH-Wert muss nicht zwingend erhöht sein und ist deshalb kein sicherer Marker für eine Vaginose. Oben beschriebene Symptome sollten aber auf jeden Fall ärztlich abgeklärt werden (ganz besonders in der Schwangerschaft lieber einmal zu viel in die gynäkologische Praxis), damit andere Ursachen wie eine Scheidenentzündung (Vaginitis) oder Zervizitis (Entzündung der Gebärmutterschleimhaut) ausgeschlossen werden können.
Wird eine bakterielle Vaginose festgestellt, gibt es verschiedene Therapiemöglichkeiten. Das Milieu in der Scheide kann lokal angesäuert werden durch die Anwendung von Milchsäure- oder Ascorbinsäurepräparaten oder -zeitaufwändiger, aber auch u.U. nachhaltiger - durch probiotische Laktobazillenpräparate, die entweder oral oder vaginal verabreicht werden. Der*die Arzt*Ärztin kann dir auch verschiedene Vaginalcremes (Achtung bei der Verwendung von Kondomen!) oder spezielle Antibiotika verschreiben. Antibiotika helfen akut, können aber auch die guten Bakterien schädigen, so dass das Risiko für Pilzinfektionen erhöht wird. Außerdem können Bakterien beim häufigen Einsatz von Antibiotika Resistenzen entwickeln und daraus entsteht dann ein Kreislauf aus immer wiederkehrenden Vaginosen.
Wie kann ich meine vaginale Flora unterstützen?
Vorsorge ist besser als Nachsorge, wie kannst du also verhindern, dass sich das Verhältnis deiner Vaginalflora ungünstig verändert? Dazu lass uns einen kurzen Blick auf die Dynamik der Zusammensetzung deiner Scheidenflora werfen. Denn wie bereits erwähnt: stetig ist hier gar nichts.
Neben nicht beeinflussbaren Faktoren wie Genetik oder dem Zyklus - dem monatlichen Menstruationszyklus, aber auch dem Lebensabschnitt (Pubertät, Schwangerschaft, Menopause…), gibt es Faktoren, die sich eingeschränkt beeinflussen lassen. Hierzu zählen Krankheiten wie Diabetes oder die Einnahme von Medikamenten. Andere Faktoren wiederum lassen sich sehr gut von dir beeinflussen. Dies sind beispielsweise Hygiene, Sexualverhalten oder die Stärkung des Immunsystems durch einen gesunden Lebensstil.
Unsere Tipps - So klappt es mit der gesunden Scheidenflora:
Unterwäsche:
Bakterien und Pilze benötigen unter anderem drei Faktoren zum Wachstum: Wärme, Feuchtigkeit, Zeit. Zwei davon finden sie in deinem Slip. Deshalb gilt: Unterwäsche täglich wechseln. So kannst du schon mal den Zeitfaktor reduzieren und den potentiellen Krankheitserregern ihr gemütliches Nest nehmen. Außerdem solltest du Unterwäsche aus luftdurchlässigen Materialien wählen, so dass es gar nicht erst zu einem feucht-warmen Klima kommt. Viele Frauen vertragen am besten Baumwollunterwäsche.
Stringtangas sind sexy, keine Frage. Beachte aber, dass schlecht sitzende Tangas zu Reizungen im Vulvabereich führen können und den Transport von Darmbakterien Richtung Vagina begünstigen.
Intimhygiene:

Waschen, aber richtig: im Intimbereich solltest du dich auf lauwarmes Wasser beschränken. Dies reicht aus, um die weißlichen Ablagerungen mit dem fancy Namen “Smegma” aus der Vulva zu entfernen. Auf Seifen, Lotions, Deos, Reinigungstücher und ja, sogar die pH-Wert angepassten Produkte für Intimreinigung, solltest du verzichten. Eine Studie von 2018 zeigte, dass Menschen mit Vagina, die auf solche Produkte zurückgegriffen haben, ein 3,5 mal höheres Risiko für bakterielle Infektionen und ein 5 mal höheres Risiko für Harnwegsinfekte hatten.
Toilettengang:
So angenehm es auch sein kann: Auf feuchtes Toilettenpapier solltest du weitestgehend verzichten. Handelsübliche Tücher enthalten oft Alkohol, Duftstoffe und Konservierungsstoffe, die über die Schleimhaut im Intimbereich besonders gut aufgenommen werden. Probiere doch stattdessen lieber wiederverwendbare Baumwolltücher aus, die du mit warmen Wasser anfeuchtest. Praktisch auch, wenn du kein Bidet hast: eine sogenannte Po-Dusche, die du mit Wasser füllst und dich so direkt auf der Toilette mit Wasser reinigen kannst. Spart Papier und ist besonders super für empfindliche Hautregionen.
Und - es klingt vielleicht selbstverständlich für die ein oder andere Person, wir erwähnen es trotzdem immer wieder gern - von vorne nach hinten wischen! So vermeidest du, dass du Bakterien aus dem Analbereich in den Vulvabereich trägst.
Kondome und/oder Lecktücher:
Um einen Übertragungsweg vor allem bei häufig wechselnden Geschlechtspartner*innen zu minimieren, solltest du immer und ständig großen Wert auf Verhütung legen. Prinzipiell. Immer. Außerdem verhinderst du so auch in exklusiven Liebesbeziehungen eine erneute Ansteckung wenn du oder dein*e Sexpartner*in gerade am Auskurieren einer Infektion sind.
Gesunder Lebensstil:
Da ist es wieder, unser allzeit wie ein Mantra gepriesenes Trio: gesunde, pflanzliche Ernährung, Bewegung, Stressmanagement. Eine frische, ausgewogene Ernährung reich an Vitamine, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen stärkt die körpereigenen Abwehrkräfte. Ballaststoffe (sogenannte Präbiotika) können die Darmflora positiv beeinflussen, so dass gesundheitsförderliche Bakterien gestärkt werden. Das wirkt sich auch auf die unmittelbar benachbarte Vaginalflora aus. Wenn du Probiotika (lebende Bakterien, meist Milchsäurebakterien) in Form von Joghurt, fermentierten Lebensmitteln wie Sauerkraut oder Kimchi oder Kombucha zu dir nimmst, stärkst du ebenfalls deine Darmflora. Die Datenlage zur Auswirkung auf die Vaginalflora ist noch dünn, die Chancen stehen aber nicht schlecht, dass es auch hier direkt Vorteile gibt. Und lecker ist es allemal, also greif großzügig zu!
Körperliche Aktivität und Sport - idealerweise an der frischen Luft - stärken das Immunsystem. Und sie können - und damit kommen wir direkt zum dritten Punkt - Teil deines persönlichen Stressmanagements sein. Stress gilt als Risikofaktor für bakterielle Vaginosen, denn permanenter Stress schwächt dein Immunsystem und hat großen Einfluss auf das Hormonsystem. Und ein Ungleichgewicht der Sexualhormone wirkt sich auch auf deine vaginale Gesundheit aus. Rauchen und Alkoholkonsum sind übrigens aufgrund der schädlichen Inhaltsstoffe auch Stressoren, denen du deinen Körper nicht ständig aussetzen solltest.
Tampon in Joghurt dippen für eine gesunde Vaginalflora?

Von diesem Hausmittelchen hat wohl jeder schon mal gehört und das Gerücht, dass es bei unangenehmen Geruch, Pilzbefall oder Trockenheit helfen soll, hält sich wacker…
An sich klingt es erstmal gar nicht so verkehrt. Immerhin sind in der Vaginal- und Scheidenflora hauptsächlich Laktobazillen vertreten, auch bekannt als Milchsäurebakterien. Diese kommen auch in Joghurt vor. Außerdem sind die probiotischen Bakterienkulturen doch auch super für den Darm und Joghurtmasken feuchtigkeitsspendend für die Haut.
Fakt ist aber, dass in Joghurt nicht genug Laktobazillen enthalten sind, um eine Pilzinfektion zu bekämpfen. Hinzu kommt, dass noch andere Bakterienkulturen im Joghurt stecken, die wiederum nichts in deiner Scheide verloren haben. Manche Joghurts enthalten sogar Hefen, die das empfindliche Milieu der Scheide schnell aus dem Gleichgewicht bringen können.
Aber gute Nachrichten: Du kannst weiter Joghurt kaufen. Anstatt ihn dann mit einem Tampon unten einzuführen, kannst Du ihn aber lieber essen. Denn wie so oft stärkt eine gesunde Ernährung die Abwehrkräfte, beeinflusst die Darmgesundheit positiv, trägt zum hormonellen Gleichgewicht und so im Umkehrschluss auch zu einer gesunden Vaginalflora bei.