- Autorin: Melanie Dell’Oro
Prolaktin kennt man vielleicht als das Stillhormon. Aber irgendwie hört es da auch schon wieder auf, oder? Wusstest du z.B., dass bei unerfülltem Kinderwunsch ganz unbedingt mal auf das Prolaktin geschaut werden sollte? Und dass wir hier mal wieder ein Lebensstil-, sprich Stressproblem haben könnten? All das und noch ein paar weitere wahrscheinlich gar nicht mal so bekannte Fakten zum Prolaktin besprechen wir in diesem Artikel.
Prolaktin - Ein Steckbrief
Prolaktin ist ein effektorisches Hormon, das von der Hypophyse ausgeschüttet wird, sobald der Hypothalamus das Signal dafür gibt. Sein direktes Zielorgan ist die Brustdrüse (zu viel Fach-Blabla? Lies alles über das Hormonsystem hier nach).
Stark heruntergebrochen, lassen sich zwei Haupteffekte von Prolaktin benennen:
- Zum Ende der Schwangerschaft sorgt Prolaktin dafür, dass sich das Brustdrüsengewebe ausbildet und das Stillen ermöglicht.
- Während des Stillens regt Prolaktin die Milchproduktion und die Synthese der Milchbestandteile an.
Außerdem ist Prolaktin daran beteiligt, dass während der Schwangerschaft keine weiteren Befruchtungen erfolgen können. Prolaktin ist auch maßgeblich für die sogenannte “Laktationsmenorrhoe”, also der durchaus sinnvollen Unfruchtbarkeit während der ersten Monate der Stillzeit verantwortlich.
Fun Fact: bei kurzlebigen Tieren wie z.B. Mäusen gibt es diese Fruchtbarkeitspause nicht. Vermutlich um eine ausreichende Vermehrung während der kurzen Lebenszeit zu gewährleisten.
Auch bei nicht-schwangeren Menschen zirkulieren minimale Mengen Prolaktin im Blutkreislauf. Das ist normalerweise reguliert durch Dopamin und hat keine negativen Auswirkungen. Normalerweise. Du ahnst schon, was jetzt kommt...
Prolaktin und Unfruchtbarkeit
Das Interessante an Prolaktin ist, dass bisher kein zugehöriges Releasing Hormon gefunden wurde und das Prolaktin auf verschiedenste Stimuli mit einem schnellen, kurzfristigen Anstieg reagiert. So z.B. auch auf Stress. Was durchaus sinnvoll ist, um eine Schwangerschaft in ungünstigen Stoffwechselsituationen zu verhindern, kann bei unserem heutigen Lebensstil zum echten Problem bei Kinderwunsch werden. Und zwar sowohl für die empfangende, als auch für die befruchtende Person. Durch chronischen Stress kommt es zu einem chronisch erhöhten Prolaktin-Level - mit allen seinen empfängnisverhütenden Effekten. Der Eisprung wird verhindert, die Menstruation bleibt aus, die Fruchtbarkeit beim Mann ist verringert.
Den gleichen Effekt hat auch Unterzuckerung und starker Gewichtsverlust, was u.a. Teil der Erklärung für das Ausbleiben der Menstruation bei beispielsweise Anorexia nervosa ist.
Schlafstörungen führen ebenfalls zu langfristig erhöhten Prolaktinwerten. Dies liegt daran, dass Prolaktin eines der Hormone ist, dessen Ausschüttung stark Tageszeit-abhängig ist. Während der Nachtstunden und des Schlafes werden die höchsten Mengen ausgeschüttet. Ist der Nachtschlaf gestört, beispielsweise durch Nachtarbeit, Jet Lag, die Verschiebung des Nachtschlafes oder eben chronische Schlafprobleme, so ist der Prolaktinwert tagsüber höher als normal.
Eine Schilddrüsenunterfunktion kann durch die Beeinflussung des Prolaktinspiegels ebenfalls eine Schwangerschaft verhindern oder - und das ist der Grund warum bei bestehender Schwangerschaft und Schilddrüsenunterfunktion engmaschige Kontrollen durch den/die Gynäkolog*in erfolgen - zu einem ungewollten Abbruch der Schwangerschaft führen.
Leidet man unter unerfülltem Kinderwunsch, lohnt es sich also durchaus, die oben genannten Faktoren einmal zu überprüfen oder direkt den Prolaktinspiegel bestimmen zu lassen.
Zum Stillen ein Bier - Bitte nicht!
Bier erhöht die Milchproduktion. Diesen, naja, gut gemeinten Rat, haben sicherlich viele Stillende schon einmal gehört. Tatsächlich ist es aber nicht der Alkohol, der hier wirkt, sondern ein Bestandteil der Gerste. Es ist also nicht notwendig, alkoholhaltiges Bier zu trinken. Davon ist ganz im Gegenteil sogar dringlichst abzuraten! Was aber bei Stillenden zum Prolaktinanstieg führt, funktioniert ganz genauso auch bei Nicht-Stillenden - und hat hier wieder den potentiell unerwünschten Effekt der Fruchtbarkeitsverminderung sowohl bei empfangender als auch befruchtender Person.
Und auch die Ernährung hat wieder einmal einen Einfluss
Prolaktin hat eine Menge Wirkungsmechanismen sowohl im weiblichen als auch im männlichen Körper. Zu viele, um auf alle genau einzugehen. Erwähnenswert finden wir aber, dass auch die Ernährung wieder eine wichtige Rolle in der Regulation des Hormongleichgewichts hat. So hat eine Studie zeigen können, dass die Verbesserung der erektilen Funktion sowie der Gefäßgesundheit nach Umstellung auf eine pflanzenbasierte, mediterrane Ernährung reich an Ballaststoffen, sekundären Pflanzenstoffen und ungesättigten Fettsäuren, sowie arm an tierischen Nährstoffen, in direktem Zusammenhang mit der Reduktion der Prolaktinlevel einhergeht.
Prolaktin und Übergewicht
Weiterhin konnte man auch zeigen, dass erhöhte Prolaktinwerte oftmals mit Übergewicht einhergehen. Hier kam es vor allem auf die Länge der bestehenden Hyperprolaktinämie an. Eine langfristige Erhöhung führte im Tierversuch zu einer erhöhten Nahrungsaufnahme und damit Anstieg des Körpergewichts und wirkte sich negativ auf die Glukosetoleranz und Insulinsensitivität der Körperzellen aus.