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Hast du schon mal versucht, Gewicht abzunehmen? Oder musstest du dich aufgrund von gesundheitlichen Gründen mit einer Reduktion deines Gewichtes auseinandersetzen? Abnehmen und Gewicht verlieren ist ein unfassbar großes Themenfeld, das aufgrund seiner Emotionalität viele Menschen anspricht und genauso viele Expert*innen auf den Plan ruft. Jeder weiß irgendwas zum Thema beizutragen und mit Ratschlägen wird nicht gegeizt. Aber sind diese ganzen Tipps von “Friss doch einfach die Hälfte”, über “Du machst nicht genug Sport” bis hin zu “Kein Wunder, wenn du noch Brot und Nudeln isst” überhaupt fundiert? Und was bringt denn nun den ultimativen Erfolg, Low-Fat oder Low-Carb oder beides oder am besten überhaupt gar nichts mehr zu essen? Bevor du zum Äußersten schreitest, haben wir uns die gängigsten Mythen rund ums Abnehmen mal genau angeschaut und den aktuellen Stand der Forschung für dich zusammengefasst.
Mythos 1: “Friss die Hälfte” und die Kilos purzeln
Jein. Ganz so einfach ist es nicht. Richtig ist, dass ein Kaloriendefizit ausschlaggebend dafür ist, dass der Körper Fett abbaut. Was nicht funktioniert - zumindest nicht langfristig - ist einfach nur noch die Hälfte an Kalorien zu sich zu nehmen. Zunächst wird der Körper auf Reserven zurückgreifen und dadurch kommt es vermutlich auch erst einmal zu einem Gewichtsverlust. Relativ schnell beginnt der Körper aber auch Muskelmasse abzubauen - das wollen wir eher nicht. Außerdem geht der Körper auf Sparflamme, schränkt den Energieverbrauch ein und wird einmal mehr Energie als benötigt aufgenommen, wird diese direkt als Fett eingelagert. Dieser Mechanismus ist als Jojo-Effekt berühmt berüchtigt. Um diesen zu vermeiden, muss das Kaloriendefizit auf den Gesamtenergiebedarf, also Grundumsatz plus Leistungsumsatz, des Körpers abgestimmt werden. Der Grundumsatz ist die Energie, die dein Körper für lebenserhaltende Körperfunktionen benötigt, z.B. Atmung, Herzschlag, Verdauung usw. Er ist von Alter, Geschlecht, Muskelmasse, Körpergröße und anderen Faktoren abhängig und somit individuell. Deine Kalorienzufuhr sollte nicht unter diese benötigte Energie rutschen. Als Faustregel für ein nachhaltiges und sicheres Kaloriendefizit werden 300-500 kcal pro Tag empfohlen. FDH (“Friss die Hälfte”) ist darüber hinaus sogar gefährlich, da meist nicht gleichzeitig die Ernährung umgestellt wird. Dadurch kann es zu gesundheitsgefährdender Mangel- und/oder Fehlernährung kommen.
Mythos 2: Du musst nur genug Sport machen, damit dein Gewicht fällt
Falsch. Leider. Sport und körperliche Aktivität kann zwar deinen Leistungsumsatz kurzfristig erhöhen, so dass es zu einem Kaloriendefizit kommt, aber - und jetzt kommt eine Spielverderber-Studie - langfristig wird durch regelmäßigen Sport der Energieverbrauch nicht erhöht, sondern stattdessen angepasst, indem an anderer Stelle eingespart wird [1]. Auch andere Studien zeigen, dass sich der Körper selbst bei anfangs erhöhten Kalorienverbrauch mit der Zeit an die sportliche Aktivität anpasst und nicht mehr Energie verbraucht. Sport kann außerdem dazu führen, dass insgesamt mehr gegessen wird [2]. Sport ohne Ernährungsumstellung oder Kaloriendefizit führt also nicht zwangsläufig dazu, dass Gewicht abgenommen wird.
Wichtig ist uns aber zu betonen, dass Sport extrem wichtig für das Herz-Kreislauf-System, die Fettverteilung und andere metabolische Erkrankungen wie z.B. Typ 2 Diabetes ist.
Wichtig ist auch, mehr Kraftsporteinheiten als Ausdauereinheiten zu praktizieren. Durch Krafttraining wird Muskulatur aufgebaut und Muskulatur erhöht den Grundumsatz. Dadurch wird der Jojo-Effekt abgeschwächt.
Mythos 3: Wer nach 18 Uhr isst, nimmt zu
Dieser Mythos ist umstritten und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Isst du nach 18 Uhr deine einzige Mahlzeit und bleibst damit unter deinem Kalorienbedarf, wirst du sehr wahrscheinlich eher abnehmen als zunehmen. Bist du eher ein Abendmensch und isst spät, lässt dafür aber das Frühstück aus und bleibst unter deinem Kalorienbedarf, wirst du eher auch nicht zunehmen. Nimmst du hingegen insgesamt zu viele Kalorien zu dir zu, dann spielt es eine eher untergeordnete Rolle, zu welcher Uhrzeit du isst. Bei Nagern wurde in Studien gezeigt, dass eine Gewichtszunahme wahrscheinlicher war, wenn sie ihre Mahlzeit während der Ruhephase bekamen. Eine Studie mit Menschen hatte das Ergebnis, dass Essen nach 20 Uhr mit einem höheren BMI einhergeht [3]. Die einzelnen Studien lassen also eine Tendenz zu, sind aber nicht allgemeingültig.
Wozu es tatsächlich aber viele Studien gibt, ist die Frage, zu welcher Uhrzeit man essen sollte, wenn man Gewicht abnehmen möchte. Hier sind die Studienergebnisse recht eindeutig, dass es einfacher ist Gewicht zu verlieren, wenn abends nicht mehr oder nur niedrigkalorische Mahlzeiten gegessen werden. Grund dafür ist, dass das Fettgewebe über den Tag zu bestimmten Zeiten entweder Fett einlagert oder abbaut. In Studien haben mehrgewichtige Personen, die später am Abend gegessen haben, signifikant weniger Gewicht verloren als Personen, die früher gegessen haben[4].
Mythos 4: Kohlenhydrate machen dick
Naja, kommt drauf an. Auf die Art der Kohlenhydrate nämlich. Kohlenhydrate sind die wichtigste Energiequelle für den Körper, dessen Hauptenergielieferant Glukose ist. Ist diese Glukose gut verpackt in langen Ketten und Ballaststoffen und wird dem Körper langsam zur Verfügung gestellt, können Kohlenhydrate lange sättigen und sind ein wichtiger Bestandteil einer ausgewogenen, gesunden Ernährung. Nicht umsonst wird empfohlen, mindestens 50% der täglichen Energiemenge über Kohlenhydrate zu decken. Langkettige Kohlenhydrate findest du z.B. in Vollkorngetreide, Hülsenfrüchten und Gemüse. Kohlenhydrate, die tatsächlich Risikofaktor für Übergewicht und damit verbundene Erkrankungen sind, sind solche aus Weißmehlprodukten wie Nudeln oder Weißbrot, raffinierter Zucker, Sirupe oder zuckerhaltigen Limonaden. Aus diesen wird die Glukose sofort aufgenommen, dadurch kommt es zu Blutzucker- und Insulinspitzen, die wiederum zu Heißhunger führen können und das Risiko für Mehrgewicht und Folgeerkrankungen wie Insulinsensitivität und Diabetes Typ 2 erhöhen können.
Mythos 5: Fett ist ungesund
Nein, wenn du gesunde Fette in Maßen zu dir nimmst, dann ist Fett ein lebenswichtiger Nährstoff mit zahlreichen Funktionen im Organismus und gesundheitlichen Vorteilen. Gesunde pflanzliche Fette, zu denen hauptsächlich die ungesättigten Fettsäuren gehören, findest du in Ölfrüchten wie Oliven und in Nüssen und Samen und ihren Ölen. Hier solltest du vor allem auf Omega-3-Fettsäure-reiche Lebensmittel achten, wie z.B. Walnüsse, Leinsamen oder Leinöl. Möchtest du tierische Lebensmittel zu dir nehmen, bieten sich einige Fischarten an.
Als ungesund gelten gesättigte Fettsäuren, die vor allem in tierischen oder hochverarbeiteten Lebensmitteln vorkommen. Werden diese im Übermaß verzehrt, können sie sich negativ auf die Cholesterinwerte und die Blutfettwerte auswirken. Auch Transfettsäuren solltest du meiden. Diese entstehen aus ungesättigten Fettsäuren, die hocherhitzt, also z.B. frittiert (Pommes, Chips, Fettgebäck etc.) werden.
Empfehlenswert ist es, maximal 30% des Energiebedarfs über Fette zu decken. Als Richtwert bei einer rein pflanzlichen Ernährung gelten 2-3 EL Pflanzenöle (Rapsöl, Leinöl, Walnussöl, Olivenöl), ergänzt durch eine Handvoll Nüsse oder Samen.
Mythos 6: Nur low carb führt zu Gewichtsverlust
Nein, Studien zeigen, dass sowohl eine Low-Carb- als auch High-Carb- (Low-Fat-) Ernährung auf lange Sicht gleich gut geeignet sind, um Gewicht zu verlieren. Der Vorteil einer Reduktion der Kohlenhydrate ist ein schnellerer Gewichtsverlust im Vergleich zur Fettreduktion. Dies kann bei bestimmten metabolischen Erkrankungen von Vorteil sein. Ein Nachteil kann aber eine verminderte Leistungsfähigkeit und schnellere Ermüdung sein. Bei einer Low-Carb-Ernährung stellt der Körper von seinem Hauptenergielieferanten Glukose auf Ketonkörper um. Diese werden, sobald die Glukosevorräte leer sind, aus Fettgewebe und längerfristig auch aus Muskulatur gebildet.
Eine High-Carb-Ernährung hat den Vorteil, dass sie mit mehr Energie für Ausdauersport und mit einem hohen Verzehr von Ballaststoffen einhergeht, wenn gesunde Kohlenhydrate aus vollwertigen Lebensmitteln gegessen werden. Ein hoher Verzehr von Ballaststoffen ist äußerst wichtig für die Darmmikrobiota und eine gute Verdauung. Der Gewichtsverlust nimmt mehr Zeit in Anspruch, dafür ist eine High-Carb-Ernährung für viele Menschen aber auch deutlich besser und länger umsetzbar [5].
Zu guter Letzt
Du bist schön, so wie du bist! Dein Körper ist ein Wunderwerk und vollbringt täglich immense Leistungen - egal ob du vor dem Fernseher chillst oder einen Marathon läufst. Das Geheimrezept für dein Wunschgewicht lautet deshalb: Nimm den Druck raus, stress dich nicht und schaue wohlwollend und dankbar auf jeden Quadratzentimeter deines Körpers. Gewicht kommt und geht, Gesundheit und Psyche stehen an erster Stelle. Und selbst wenn du dich gerade selber nicht so toll findest - Wir sind uns ganz sicher, jemand findet dich auch gerade so wie du bist wunderschön von innen und außen!