Haarausfall nach der Geburt ist eines der Frauengesundheits-Themen, die extrem schlecht erforscht sind. Dabei berichten viele Frauen* darüber, dass sie nach der Geburt vermehrt Haare verlieren. Auch die rosige, reine Haut, über die sich viele Schwangere freuen, ist nach der Geburt oft Geschichte. Stattdessen: Hautunreinheiten und Pickel nach der Schwangerschaft oder im letzten Drittel dieser. Ursache ist u.a. der Östrogenabfall nach der Geburt.
Östrogen in der Schwangerschaft
Während der Schwangerschaft sind verschiedene Hormone nötig, um die Schwangerschaft aufrechtzuerhalten, das ungeborene Kind zu versorgen und den Körper der Mutter auf die Geburt und die anschließende Stillzeit vorzubereiten. Unter anderem spielen auch die Östrogene eine entscheidende Rolle. Die Bildung der Östrogene übernimmt während einer Schwangerschaft hauptsächlich die Plazenta.
Während der Schwangerschaft
- erhöht Östrogen den Blutfluss zur Gebärmutter und kurbelt den Kreislauf an, um das Kind ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen
- sorgt Östrogen für vermehrte Blutbildung und Wassereinlagerung
- erhöht Östrogen die Serotoninbildung und hat so Einfluss auf die Stimmung der Schwangeren
- bereitet Östrogen die Brust durch Bildung von Brustgewebe auf die Stillzeit und die Beckengelenke und die Schambeinfuge auf die Geburt vor
- wird zum Ende durch die hohen Östrogenlevel die Produktion von Prostaglandinen angeregt, was dazu führt, dass der Muttermund weicher wird und sich Oxytocin-Rezeptoren ausbilden [1, 2]
Während der Schwangerschaft nehmen die Östrogenlevel stetig zu und erreichen ihren Höhepunkt zum letzten Drittel. Nach der Geburt sinken die Östrogenwerte wieder.
Wirkung von Östrogenen auf die Haare
Die Haarfollikel besitzen zahlreiche Östrogenrezeptoren. Die Östrogene haben eine stimulierende Wirkung auf das Haarwachstum. Durch die hohen Östrogenspiegel während der Schwangerschaft verbleiben die Haarfollikel länger in der Wachstumsphase. Das führt zu weniger Haarausfall als üblich, wodurch das Haar voller und kräftiger erscheint.
Nach der Geburt sinken die Östrogenspiegel wieder, die Wirkung auf die Haarfollikel nimmt ab und die “überfälligen” Follikel gehen in die Ruhephase über - es kommt zu augenscheinlich erhöhtem Haarverlust etwa 2-4 Monate nach der Geburt. Hinzu kommt der Geburtsstress, der mit erhöhten Cortisolspiegeln einhergeht. Cortisol hat im Gegensatz zu den Östrogenen eher eine schädigende Wirkung auf die Haarfollikel und begünstigt den Übergang in die Ruhephase und somit den verstärkten Haarausfall [3].
Haarausfall nach Geburt und in Stillzeit
Der vermehrte Haarausfall hat also nur indirekt etwas mit der Stillzeit zu tun, sondern ist vielmehr eine natürliche Folge der Hormonschwankungen in Schwangerschaft und der Zeit danach. Der im Fachjargon “postnatales Effluvium” genannte Haarausfall, ist in der Regel völlig normal und betrifft etwa 91,8% der Mütter. 73,1% von ihnen berichten, dass sie darunter leiden [3].
Der Haarausfall beginnt etwa 2-4 Monate nach der Geburt. Er äußert sich diffus, tritt also in keinem bestimmten Muster auf dem Kopf auf. Nach 3-6 Monaten normalisieren sich die Hormonspiegel. Durch den zusätzlichen Stress mit einem Baby und unweigerlichen Schlafmangel kann es aber noch bis zu ein Jahr nach der Geburt oder auch länger zu vermehrtem Haarverlust kommen.
Weitere Ursachen für Haarausfall nach Geburt
Zusätzlich zum Östrogenmangel können auch ein Eisenmangel durch den Blutverlust unter der Geburt oder ein Ungleichgewicht der Schilddrüsenhormone durch die Schwangerschaft den Haarausfall begünstigen. Hier lohnt sich eine ärztliche Abklärung. Auch androgenetischer Haarausfall durch die Überempfindlichkeit der Haarfollikel gegen DHT, dem Abbauprodukt von Testosteron, kann durch den Östrogenmangel nach der Schwangerschaft zu Tage treten oder verstärkt werden, da auch die Testosteronwerte zu Ende der Schwangerschaft ansteigen.
Nährstoffmangel während der Stillzeit
Ein weiteres Problem, mit dem du sicherlich nicht allein bist: den Nährstoffbedarf ausreichend decken. Sind wir mal ehrlich, die Zeit nach der Geburt ist anstrengend, man ist mehr fremdgesteuert als bei sich und gesunde Ernährung ist oft mehr Wunsch als Realität. Weiter unten haben wir für dich ein paar Tipps für die Ernährung zusammengestellt, die dich unterstützen sollen, auf möglichst unkomplizierte Weise viele Nährstoffe zu dir zu nehmen.
Aber hast du gewusst, dass ein Nährstoffmangel sich schon vor der Schwangerschaft einschleichen kann? Unter anderem ist hier die Anti-Baby-Pille ein Risikofaktor. Diese ist ein großer Nährstoffräuber, so dass bereits während der Einnahme eine Unterversorgung mit bestimmten Mikronährstoffen entstehen kann. Setzt du die Pille dann ab und wirst schnell schwanger, ohne auf das Auffüllen der Nährstoffspeicher zu achten, gehst du unter Umständen mit einem Nährstoffdefizit in die Schwangerschaft. Schwangere haben einen erhöhten Nährstoffbedarf; vor allem auf Eisen (doppelt so hoher Bedarf!), Zink, Vitamin B6 und Folsäure solltest du achten [4]. Das sind bis auf Eisen auch ausgerechnet die Mikronährstoffe, deren Bedarf bei Pilleneinnahme erhöht ist und deren Mangel nach der Schwangerschaft u.a. zu Haar- und Hautproblemen führen kann.
Tipps bei Haarausfall nach Geburt
Wir wissen aus eigener Erfahrung, dass man mit einem Säugling oder Kleinkind meist nicht so kann, wie man es gern wollte. Und statt Haarpflege treten 10 Minuten Ruhe oder ein ungestörter Mittagsschlaf ganz nach oben auf die Prioritätenliste. Dennoch möchten wir dir mitgeben, was du für dich tun kannst, um dir bei Haarausfall in dieser Zeit ganz nach deinen Möglichkeiten zu helfen. Schau was geht, ganz nach dem Motto “Alles kann, nichts muss”.
Das unterstützt bei Haarausfall nach der Geburt und Haarausfall in Stillzeit
- Ruhe gönnen: Hast du jemanden, der dein Baby mal für eine Stunde um den Block fahren kann? Oder kann jemand dein Baby in den Schlaf wiegen, damit du dir mal ein Bad oder eine längere Dusche gönnen kannst? Solche Ruheoasen ohne Baby können das Stresslevel schon etwas reduzieren. Vielleicht ist es dir ja sogar möglich, ein paar Minuten zu meditieren? Hilfreich ist es hier, wenn du dein Kind nicht hörst.
- Ausgewogene Ernährung: Eine gesunde Ernährung während der Stillzeit ist ja sowieso für dich und das Baby sehr wichtig. Klar ist aber auch, dass Kochen und Mahlzeiten planen nicht unbedingt oberste Priorität haben, wenn man rund um die Uhr mit einem Kind beschäftigt ist. Kannst du dich bekochen lassen und der Person sagen, welche Lebensmittel für dich gerade gut wären (unten findest du eine praktische Übersicht)? Oder schaffst du es, dir Mahlzeiten für eine Woche vorzubereiten oder vorbereiten zu lassen? Wenn du eher selten zum Essen kommst, versuche darauf zu achten, dass diese Speisen reich an Mikronährstoffen für Haut und Haare sind (Zink, Biotin, Eisen, Vitamin B6).
- Passende Haarpflege: Auch wenn ungewaschene Haare vielleicht dein ständiger Begleiter sind in dieser fordernden Zeit, kannst du für die Haarpflege erst recht Produkte auswählen, die sich günstig auf Haarausfall auswirken. Vielleicht meidest du ja schon konventionelle Produkte und steigst auf Naturkosmetik um. Achte auf Produkte mit Inhaltsstoffen, die die Durchblutung anregen (z.B. Rosmarin), das Haarwachstum anregen (z.B. Sägepalme) und die Umwandlung von Testosteron zu DHT hemmen (z.B. Brennnessel, Schachtelhalm, Grüner Tee). Sei vorsichtig bei Produkten wie Minoxidil und besprich die Anwendung solcher Arzneistoffe immer vorab mit deiner Gynäkologin.
- Durchblutung anregen: Kopfmassagen - idealerweise mit anregendem und vitaminhaltigem Haarwasser oder Haarserum - sind nicht nur kleine Entspannungsinseln im Alltag, sondern können durch die bessere Durchblutung das Haarwachstum anregen. Vielleicht kann dir ja jemand den Kopf massieren, während du stillst oder wenn das Baby mal wieder auf dir eingeschlafen ist und du dich eh nicht bewegen kannst?
- Zug auf die Haare meiden: Auch bestimmte Frisuren können den Haarausfall begünstigen. Besonders sehr feste, strenge Zöpfe oder Knoten wirken Zug auf die Haarwurzel aus und begünstigen eine schnellere Lösung aus dem Follikel. Trag deine Haare daher möglichst locker - spart eh Zeit und Nerven!
Verpflegung für die Stillzeit, die super für Haut und Haare und einfach zubereitet ist:
- Nüsse und Trockenobst: Stelle dir immer eine Schüssel mit einer bunten Mischung an dein Wochenbett oder den Ort, wo du stillst.
- Salate: Salate mit Getreidebasis (Quinoa, Amaranth, Wildreis, Hafer, Grünkern) lassen sich sehr gut in mehreren Portionen vorbereiten. Sorge für Abwechslung mit grüner Paprika, Brokkoli, Möhren, Feldsalat, Knoblauch, Avocado oder Spinat. Auch Kartoffelsalate können hervorragend für eine Woche vorbereitet und variiert werden.
- Hülsenfrüchte: Koche z.B. einen großen Topf Chili sin carne oder Rote Linsensuppe mit Möhren vor und friere sie portionsweise ein.
- Küchenkräuter: Hab frische Kräuter auf dem Fensterbrett oder nutze die tiefgefrorene Variante. Gib über alle deine Mahlzeiten eine gute Handvoll frische Kräuter.
- Wildkräuter: Hast du einen Garten oder einen Wald in der Nähe? Nutze die täglichen Spaziergänge mit dem Baby um Wildkräuter wie Brennnessel, Löwenzahn, Melde oder Sauerampfer zu sammeln und gib sie frisch zu deinen vorbereiteten Salaten oder in die Eintöpfe.
Achte natürlich darauf, was du und dein Baby gut vertragen während der Stillzeit. Wenn du etwas nicht essen kannst, dann nimm vom anderen mehr.
Diese Lebensmittel sollten ganz oben auf deiner Einkaufsliste stehen, wenn du Haarausfall nach der Geburt oder Pickel nach der Schwangerschaft lindern möchtest. Sie sind reich an Vitamin B6, Zink, Magnesium und/oder Eisen [4]:
- Nüsse, Trockenobst
- Kartoffeln, Brokkoli, Möhren, Feldsalat, Knoblauch, Paprika grün, Rosenkohl, Kräuter, Avocado, Wildkräuter (wie Löwenzahn, Brennnessel, Melde, Sauerampfer), Spinat
- Hülsenfrüchte, v.a. Soja
- Getreide und Pseudogetreide, Hirse, Hafer
Pickel nach Schwangerschaft - Was hat es damit auf sich?
Auch dieses Problem ist kein sehr relevantes Thema für die Forschung. Laut einer Umfrage leiden 21,6% der Frauen unter Hautproblemen während und nach der Schwangerschaft. Besonders im letzten Drittel der Schwangerschaft treten Pickel und Hautunreinheiten auf. Hier könnte vor allem das Testosteronlevel, das mit fortschreitender Schwangerschaft zunimmt, eine Rolle spielen. Testosteron sorgt für eine erhöhte Talgproduktion - bei empfindlicher Haut sorgt das leider nicht für den erhofften Baby-Glow, sondern für Hautunreinheiten und Akne [5].
Die nachhaltige Lösung ist auch hier: Viel trinken, Stress reduzieren, ausreichend schlafen - alles keine Kleinigkeiten bis schier unmöglich mit fortschreitender Schwangerschaft oder erst mit einem Baby. Ein Trost: Die Beschwerden klingen meist nach der Schwangerschaft oder sobald sich die Hormone balanciert haben wieder von allein ab.
Und für die Erste Hilfe, solltest du Hautunreinheiten oder Pickel während der Schwangerschaft haben, kannst du folgende Tipps berücksichtigen:
- Oberste Regel: Nicht drücken!
- Stattdessen Hautunreinheiten mit Wasserdampf lösen, z.B. mit einem Kamille-Aufguss
- Schmerzhafte Entzündungen mit Eiswürfeln kühlen, super eignen sich auch eingefrorene Tees aus Gänseblümchen oder Kamille
- betroffene Stellen mit antientzündlichen Tinkturen aus der Hausapotheke lindern, z.B. Apfelessig, Zitronensaft oder Teebaumöl